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Genügsamkeit genießen
Foto: iStock.com/Milan_Jovic

Mäßigkeit
Genügsamkeit genießen

Kinder zu verantwortungsbewussten Nutzern heranwachsen lassen

Matthias Müller
Religionspädagoge (M.A.), TV-Redakteur, Fotojournalist und Autor
Marne, D

Ich sitze im Wartezimmer des Arztes und habe Zeit, die Abbildungen an den Wänden zu studieren. Sie zeigen verschiedene Körperteile in einer Detailliertheit, die uns «normal Sterblichen» in der Regel verborgen bleibt. «So sieht also mein Körper von innen aus», denke ich und staune. Wie viele Elemente müssen klaglos zusammenwirken, dass ich ungehindert leben kann! Von den meisten spüre ich mein Leben lang nichts, sie sind einfach nur da und verrichten ihren Dienst. Genial!

So wie wir als Kinder die Straßenbeleuchtung, die Eisenbahn, das fließende Wasser und die Polizei für selbstverständlich nahmen und nie bedachten, dass es dahinter eine Organisation und einen Staat braucht, so leben wir als Erwachsene mit unserem Körper. Im Normalfall spüren wir ihn nicht und halten das für normal. Manche denken sogar, das habe sich von allein so entwickelt. Das glaube ich nicht. Dafür ist mir das System zu durchdacht und ausgewogen.

Ich kann genießen
Wir sind in der Lage, mit vielen Lebensumständen zurechtzukommen. Darum leben Menschen im «ewigen» Eis, in der heißen Wüste oder im feuchten Regenwald. Dennoch: Auch das «Wunder Mensch» hat Grenzen. Ich kann nicht so schnell rechnen wie mein Computer; ich kann mit dem bloßen Finger kein Loch in die Ziegelwand bohren und ohne Hilfsmittel nicht lange unter Wasser bleiben. Aber ich kann etwas, was keine Maschine kann: Ich kann genießen! Essen, Trinken, Ruhen, den Ausflug in die Berge, das Bad im klaren See, den Klang der Musik, die Gemäldeausstellung und den Rausch der Sexualität – ich kann genießen! Was für ein genialer Gedanke meines Schöpfers! Ich kann sogar Genuss planen. Wie schön! Und wie gefährlich! Denn gerade dieser Genuss ist es, der mir zur Falle werden kann. Das haben schon die alten Griechen erkannt. Darum beschrieb der griechische Historiker und Philosoph Xenophon einen ausgewogenen Lebensstil sinngemäß so: Gutes maßvoll genießen, Schädliches meiden.

Tatkräftige Reformer
Das war auch die Prämisse der sogenannten Mäßigkeitsbewegung (temperance move­ment), die im Amerika des 19. Jahrhunderts aufblühte und bis nach Europa reichte, teils im Verbund mit dem Engagement für Frauenrechte und anderen sozialen Reformen. Schwerpunkt war der Kampf gegen den Alkohol. Das hatte ganz praktische Auswirkungen auf das Alltagsleben. Da es dort zu jener Zeit mangels hygienischer Voraussetzungen gesundheitlich riskant war, Wasser zu trinken, griff die Bevölkerung sicherheitshalber zu alkoholischen Getränken, die es überall gab: Bier zur Deckung des täglichen Flüssigkeitsbedarfs!...

 

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